Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen
etc. verordnen im Namen des
Reichs, nach erfolgter Zustimmung des Bundesraths und des Reichstags,
was folgt:
I. Schiffsbestand
§ 1
1. Der Schiffsbestand der deutschen Flotte wird, abgesehen von Torpedofahrzeugen,
Schulschiffen,
Spezialschiffen und Kanonenbooten, festgesetzt auf:
a) verwendungsbereit:
1 Flottenflaggschiff
2 Geschwader zu je 8 Linienschiffen
2 Divisionen zu je 4 Küstenpanzerschiffen,
6 Große Kreuzer, 16 Kleine Kreuzer als Aufklärungsschiffe
der heimischen Schlachtflotte,
3 Große Kreuzer, 10 Kleine Kreuzer für den Auslandsdienst;
b) als Material-Reserve:
2 Linienschiffe
3 Große Kreuzer
4 Kleine Kreuzer
2. Von den am 1.
April 1898 vorhandenen und im Baue befindlichen Schiffen kommen auf
diesen
Sollbestand in Anrechnung:
3. Die Bereitstellung
der Mittel für die zur Erreichung des Sollbestandes erforderlichen
Neubauten unterliegt der jährlichen Festsetzung durch den Reichshaushalts-Etat
mit der Maßgabe, daß die Fertigstellung des gesetzlichen
Schiffsbestandes, soweit die im § 7 dafür angegebenen Mittel
ausreichen, bis zum Ablaufe des Rechnungsjahres 1903 durchgeführt
werden kann.
§ 2
Die Bereitstellung der Mittel für die erforderlichen Ersatzbauten
unterliegt der jährlichen Festsetzung durch den Reichshaushalts-Etat
mit der Maßgabe, daß in der Regel
- Linienschiffe und Küstenpanzerschiffe nach 25 Jahren,
- Große Kreuzer nach 20 Jahren,
- Kleine Kreuzer nach 15 Jahren
ersetzt werden können.
Die Fristen laufen
vom Jahre der Bewilligung der ersten Rate des zu ersetzenden Schiffes
bis zur Bewilligung der ersten Rate des Ersatzschiffs. Zu einer V Verlängerung
der Ersatzfrist bedarf es im Einzelfalle der Zustimmung des Bundesraths,
zu einer Verkürzung derjenigen des Reichtags. Etwaige Bewilligungen
von Ersatzbauten vor Ablauf der gesetzlichen Lebensdauer - höhere
Gewalt, wie Untergang eines Schiffs, ausgeschlossen - sind innerhalb
einer mit dem Reichstage zu vereinbarenden Frist durch Zurückstellung
anderer Ersatzbauten auszugleichen.
II. Indiensthaltungen
§ 3
Die Bereitstellung der Mittel für die Indiensthaltungen der heimischen
Schlachtflotte unterliegt der jährlichen Festsetzung durch den
Reichshaushalts-Etat mit der Maßgabe, daß im Dienste gehalten
werden können:
a) zur Bildung von aktiven Formationen:
9 Linienschiffe,
2 Große Kreuzer,
6 Kleine Kreuzer;
b) als Stammschiffe von Reserveformationen:
4 Linienschiffe,
4 Küstenpanzerschiffe,
2 Große Kreuzer,
5 Kleine Kreuzer;
c) zur Aktivierung einer Reserveformation auf die Dauer von zwei Monaten:
2 Linienschiffe oder Küstenpanzerschiffe
III. Personalbestand
§ 4
An Deckoffizieren, Unteroffizieren und Gemeinen der Matrosendivisionen,
Werftdivisionen und
Torpedoabtheilungen sollen vorhanden sein:
1. eineinhalbfache Besatzungen für die im Auslande befindlichen
Schiffe;
2. volle Besatzungen für
- die zu aktiven Formationen der heimischen Schlachtflotte gehörigen
Schiffe,
- die Hälfte der Torpedofahrzeuge,
- die Schulschiffe,
- die Spezialschiffe;
3. Besatzungsstämme (Maschinenpersonal zwei Drittel, übriges
Personal die Hälfte der vollen
Besatzungen) für
- die zu Reserveformationen der heimischen Schlachtflotte gehörigen
Schiffe,
- die zweite Hälfte der Torpedofahrzeuge;
4. der erforderliche Landbedarf;
5. ein Zuschlag von fünf Prozent vom Gesamtbedarfe.
§ 5
Die nach Maßgabe dieser Grundsätze erforderlichen Etatsstärken
der Matrosendivisionen, Werftdivisionen
und Torpedoabtheilungen unterliegen der jährlichen Festsetzung
durch den Reichshaushalts-Etat.
IV. Sonstige Ausgaben
§ 6
Alle fortdauernden und einmaligen Ausgaben des Marine-Etats, hinsichtlich
deren in diesem Gesetze keine
Bestimmungen getroffen sind, unterliegen der jährlichen Festsetzung
durch den Reichshaushalts-Etat nach
Maßgabe des Bedarfs.
V. Kosten
§ 7
Während der nächsten sechs Rechnungsjahre (1898 bis 1903)
ist der Reichstag nicht verpflichtet, für sämtliche einmalige
Ausgaben des Marine-Etats mehr als 408.900.000 Mark, und zwar für
Schiffsbauten und Armierungen mehr als 356.700.000 Mark, sowie für
die fortdauernden Ausgabe des Marine-Etats mehr als die durchschnittliche
Steigerung von 4.900.000 Mark jährlich bereit zu stellen. Soweit
sich in Gemäßheit dieser Bestimmung das Gesetz bis zum Ablaufe
des Rechnungsjahres 1903 nicht durchführen läßt, wird
die Ausführung bis über das Jahr 1903 hinaus verschoben.
§ 8
Soweit die Summe der fortdauernden und einmaligen Ausgaben der Marineverwaltung
in einem Etatsjahre den Betrag von 117.525.494 Mark übersteigt,
und die dem Reiche zufließenden eigenen Einnahmen zur Deckung
des Mehrbedarfs nicht ausreichen, darf der Mehrbetrag nicht durch Erhöhung
oder Vermehrung der indirekten, den Massenverbrauch belastenden Reichssteuern
gedeckt werden.