Zum
Kirchenkampf
1932
Gründung der Deutschen Christen (DC) innerhalb des deutschen Protestantismus
als eine rassistische und faschistische Gruppierung, die sich an der Ideologie
des Nationalsozialismus ausrichtet.
Juni 1933
Die Vertreter des DC dringen mit Unterstützung von Reichskanzler
Adolf Hitler in die Leitung einiger Landeskirchen der Deutschen Evangelischen
Kirche (DEK) vor. Sie vertreten die Gleichschaltungspolitik und sind für
die Übernahme des Arierparagraphen in die Kirchenverfassung. Damit
provozieren sie einen Kirchenkampf.
Innerhalb der Evangelischen
Kirche werden die DC zur stärksten Fraktion. Sie wählen den
Königsberger Wehrkreispfarrer Ludwig Müller (1883-1945) zu ihrem
Reichsbischof. Er ist der höchste protestantische Würdenträger
im Deutschen Reich und schon seit langem mutiger Bekenner des Nationalsozialismus
... ("Der Stürmer, 11. Juli 1933).
September 1933
Der Dahlemer Pfarrer Martin Niemöller initiiert gemeinsam mit Dietrich
Bonhoeffer den Pfarrernotbund (PNB) als Gegenbewegung zu den DC. Gegen
Jahresende hat er etwa 6 000 Mitglieder. Pfarrer Bertheau ist Mitglied
des PNB.
30. Oktober 1933
Reichsbischof Ludwig Müller bittet, die Studierenden der evangelischen
Theologie zum Eintritt in die SA aufzufordern.
Pfarrer Lorenz Bertheau
aus Bad Kösen schildert die geistige Situation in der Kirche so:
"Das Neue Testament
soll von allem Jüdischen gereinigt werden. Paulus wird bekämpft,
ausgerechnet der Heidenapostel, bei dem der lebendige Christus das Judentum
überwunden hat. Später wurden dann immer wieder Versuche gemacht,
die arische Abstammung Jesu nachzuweisen, Versuche, zu denen man nur
den Kopf schütteln kann. Hier soll urchristliche Wurzel des Christentums
umgedeutet werden. Ja, es wurde im Namen des Deutschtums dem Evangelium
der Krieg erklärt.
. Die Glaubensbewegung der Deutschen Christen
kommt dabei in Gefahr, wesentliche Stücke des Evangeliums preiszugeben
oder doch zurückzustellen. Das ist die geistige Situation, in der
wir stehen. Evangelium und Deutschtum sind nicht Dinge, die ohne weiteres
zusammengehören." (Zitiert nach Bertheau 1990)
4. Dezember 1933
Ludwig Müller legt die Schirmherrschaft über die Deutschen Christen
nieder. Ihnen ist es nicht gelungen, innerhalb der Evangelischen Kirche
die unbestrittene Führung zu übernehmen.
27. Januar 1934
Aus der Lageeinschätzung des Preußischen Ministeriums des Inneren:
"Nach dem
sich am 27. Januar [1934] die Kirchenführer geschlossen hinter
den Reichsbischof und seine Maßnahmen gestellt haben und damit
den Grundstein der inneren Einigung der in den letzten Monaten so
stark zerrissenen Kirche gesetzt worden ist, ist es notwendig, alles
zu vermeiden, was das Einigungswerk und den Aufbau der Kirche stören
oder beeinträchtigen könnte. Dazu gehört, dass die
früheren Meinungsverschiedenheiten nicht wieder aufgerührt
werden, über b i s h e r i g e
E n t g l e i s u n g e n in diesem Kampf mit Verständnis für
ihre inneren eweggründe h i n w e g g e s e h e n wird und die
Gegner von gestern sich in dem Willen zur künftigen einträchtigen
Zusammenarbeit an den Werken und Aufgaben der Kirche versöhnt
die Hand reichen." (Preußische Minister des Inneren, 27.1.1934,
Hervorhebung im Text vom Autor.)
Mai 1934
Eine Reaktion auf die Aktivitäten der DC ist die Bekennende Kirche
(1934) mit Karl Barth, Martin Niemöller und anderen. Diese Oppositionsbewegung
wendet sich gegen die Gleichschaltungspolitik der Nationalsozialisten.
Karl Barth verfasst am 31. Mai 1934 die berühmte Barmer Erklärung,
welche von 139 Vertretern aus 18 Landeskirchen einstimmig angenommen wird.
Jede Form der staatlichen Vereinnahmung der Kirche wird ablehnt.
19. und 20. Oktober
1934
Zweite Reichsbekenntnissynode in Berlin-Dahlem. Das Dahlemer Notrecht
ruft eine vorläufige Kirchenleitung ins Leben, den Reichsbruderrat.
Der Reichsbruderrat erkennt die Autorität der offiziellen Kirchenbehörden
nicht an. Die Pastoren bleiben Beamte des DEK.
4. und 5. März
1935
Die Preußische Bekenntnissynode der Evangelischen Kirche in Berlin-Dahlem
verabschiedet das "Wort an die Gemeinden". Das Deutsche Volk
wird vor der "tödlichen Gefahr einer neuen Religion" gewarnt.
In dieser Religion werden "Blut und Rasse, Volkstum, Ehre und Freiheit
zum Abgott". Die Preußische Bekenntnissynode hat die Pfarrer
aufgerufen, dieses Wort von den Kanzeln zu verlesen. Reichsinnenminister
Frick sieht darin "einen heimtückischen Angriff auf Staat und
Volk, der strafrechtliche Sühne fordert". Die meisten der gefangenen
500 Pfarrer und Vikare werden freilich nach wenigen Tagen wieder aus der
Haft entlassen. (Vgl. Kirchenkampf 2006)
1935
Staatliche Einsetzung von Kirchenausschüsse, um die evangelische
Kirche zu kontrollieren. Damit wird die Barmer-Erklärung faktisch
unterlaufen.
Ab 1937
Unterdrückung durch Verhaftung führender Mitglieder der Bekennenden
Kirche und viele andere Repressionen.
Pfarrer Paul Schneider
aus dem Hunsrück wird von den Nazis am 18. Juli 1939 im Konzentrationslager
Buchenwald - vermutlich durch den Lagerkommandanten Hans Koch - ermordet.
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