Verfolgung der Zeugen der Jehovas
"Weiter ist im letzten Monat", heißt es im Lagebericht der Staatspolizei Halle für August 1935,
Die Schrift erschien im "Verlag für Prophetie und Tatchristentum, Naumburg (Saale), Postfach 115" in 10 000 Exemplaren (siehe Bild oben). Der Bericht der Stapo zu Kaluza schließt mit dem Satz:
Das Dokument trägt die Unterschrift von Dr. Walter Blume (1906-1974), der seit 1. Juli 1935 Leiter der Stapo Halle ist (Nach Stapo 1933l). Ab 1. Dezember 1939 dirigiert er die Stapo Berlin und führt dann das Sonderkommando 7 a in der Einsatzgruppe B. Die Gestapo auf Rädern operiert in der Sowjetunion gegen den "jüdischen Bolschewismus" und die "radikalen Elemente". Nach eigenen Angaben tötet sie in Weißrußland von Juni bis September 1941 24 000 Menschen. Von 1916 bis 1922 wohnt Anton Kaluza (in Stapo-Protokollen auch "Kalusza" geschrieben) in der Jägerstraße 41, wie der Naumburger Oberbürgermeister im Rahmen sicherheitspolitischer Nachforschungen dem Regierungspräsidenten 1935 mitteilt. Danach ist Kaluza als Missionar für die Bibelforscher unterwegs. In Naumburg betreibt er auf dem Grundstück Markt 19 einen Fellhandel (vgl. Oberbürgermeister 26.8.1935). Im November 1917 tritt
er von der katholischen zur evangelischen Kirche über. 1924 wendet
er sich den Siebenten-Tags-Adventisten zu und gibt eine Missionszeitung
heraus. Von dieser Gruppe trennt er sich 1928 und gründet Sein großes Vorbild ist Charles Taze Russel (1852-1916), der 1870 den Kreis der Bibelforscher gründete und 1874 verkündet, dass Christus wieder gekommen sei. Seit 1897 erscheint der "Wachturm". 1902 gründet sich in Elberfeld die Internationale Bibelforscher Vereinigung. Bis 1931 nennen sich die Zeugen Jehovas in Deutschland "Ernste Bibelforscher" oder Gemeinschaft der "Siebenten-Tags-Adventisten". Eine Gemeinschaft der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage Naumburg trifft sich dreimal wöchentlich zur Bibelstunde. Ihr gehört zum Beispiel der pensionierte Briefträger Otto Oswald (geboren am 23.11.1977 in Grossbardau) aus der Jakobsgasse 23 (Naumburg) an. 1922 verschwindet Anton Kaluza mit der ledigen Martha Jähnke aus Naumburg, teilt der Naumburger Oberbürgermeister am 26. August 1935 dem Regierungspräsidenten von Merseburg mit. In dem Schreiben heißt es weiter: Seine Tätigkeit ist nicht staatsgefährdend, aber von einer Verherrlichung der jüdischen Belange. Erst im März 1930 taucht Kaluza wieder in der Stadt Naumburg auf. Tatsächlich liegen die Zeugen Jehovas mit ihrer Lehre von der Gleichheit der Rassen quer zur Ideologie des Nationalsozialismus. Sie verweigern den Wehrdienst, was aber eigentlich erst mit der Einführung der KSSVO (Kriegsstrafverfahrensordnung vom 26. August 1939) ein Straftatsbestand ist. Ebenso konsequent lehnen sie politische Wahlen, das nationalsozialistische Liedgut und den Hitler-Gruß ab. 46 Prozent im Frauen Konzentrationslager Moringen gehören Oktober 1933 den Zeugen Jehovas an, Dezember 1937 sind es sogar 80 Prozent. (Vgl Daxelmüller 23) Anton Kaluza, geboren am 1. Dezember 1894 in Pichlitz / Polen, ist von 1935 bis 15. Juni 1936 im KZ Lichtenburg in Haft (vgl. Stapo 1933l). Dann verlieren sich seine Spuren. Ich vermute, dass er in die USA auswanderte .
[Einschätzung Stapo] Landeshauptarchiv Sachsen-Anhalt, Merseburg Rep. C 48 I e, 1178, Blatt 321-328 Oberbürgermeister der Stadt Naumburg am 26. August 1935 an den Regierungspräsidenten von Merseburg. Landeshauptarchiv Sachsen-Anhalt, Merseburg Rep. C 48 I e, 1178, Blatt 323-324 [Stapo 30. Juli 1935] [Leiter der Staatspolizeistelle für den Regierungsbezirk Merseburg.] Halle, den 30. Juli 1935. An das Geheime Staatspolizeiamt Berlin SW 11, Prinz Albrecht Straße 8, Betrifft: Urchristentum "Urchristengemeinde Gottes". [Unterschrift Blume]. Landeshauptarchiv Sachsen-Anhalt, Merseburg Rep. C 48 I e, 1178 [Stapo 1933l] Lagebericht der Staatspolizeistelle Halle für August 1935. In: Die Lageberichte der Geheimen Staatspolizei zur Provinz Sachsen 1933 bis 1936. Herausgegeben von Hermann-J. Rupieper und Alexander Sperk, Band 2: Regierungsbezirk Merseburg, mdv, Mitteldeutscher Verlag, Halle (Saale) 2004, Seite 475 ff. |
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Geschrieben: Sommer 2008. Aktualisiert: 19. August 2009 |